Bamf verhängt Entscheidungsstopp für Asylverfahren von Syrern

Nach dem plötzlichen Sturz von Baschar al-Assad in Syrien ist die Lage unübersichtlich. Dennoch ist in Deutschland eine Debatte über Rückführung syrischer Geflüchteter entfacht. Experten warnen eindringlich vor voreiligen Forderungen. Eine unmittelbare Folge hat das Geschehen in Syrien dennoch.

Montag, 09.12.2024, 16:49 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 09.12.2024, 16:54 Uhr

In Deutschland hat unmittelbar nach dem Sturz des Regimes in Syrien eine Debatte über die Rückführung syrischer Flüchtlinge eingesetzt. Politiker, Experten und Menschenrechtler meldeten sich zu Wort. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mahnte am Montag Geduld an. Viele syrische Flüchtlinge in Deutschland hätten nun wieder eine Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre Heimat, sagte die SPD-Politikerin in Berlin. Doch seien angesichts der unübersichtlichen Lage in Syrien „konkrete Rückkehrmöglichkeiten im Moment noch nicht vorhersehbar und es wäre unseriös, in einer so volatilen Lage darüber zu spekulieren“, sagte Faeser.

Eine handfeste Konsequenz aus der neuen Lage in Syrien gibt es dennoch: Die Innenministerin bestätigte, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) einen Entscheidungsstopp für aktuell noch laufende Asylverfahren verhängt habe, bis die Lage klarer sei. Es gehe um knapp 47.000 Asylanträge. Der stellvertretenden Sprecherin des Innenministeriums, Sonja Kock, zufolge leben knapp eine Million Syrer in Deutschland, die Mehrzahl als international anerkannte Flüchtlinge oder Bürgerkriegsflüchtlinge. Rechtlich sei es möglich, ihren Schutzstatus in Deutschland zu widerrufen. Doch dafür sei wesentlich, ob sich die Lage in Syrien dauerhaft geändert und stabilisiert habe. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es eine „ziemliche hypothetische Frage“, ob die syrischen Geflüchteten zurückkehren müssten.

Der Sprecher des Außenministeriums, Sebastian Fischer, kündigte ein neues Lagebild für Syrien an, wenn man mehr über die Entwicklung sagen könne. Für Fragen des Asylrechts und Flüchtlingsschutzes sei entscheidend, ob künftige Entscheidungsträger den Schutz aller Minderheiten garantieren, sagte Fischer.

Unionspolitiker fordern Rückreisen von Syrern

Für die Union forderte der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Torsten Frei (CDU), das Bamf solle sich rasch auf die Überprüfung der den syrischen Flüchtlingen zugesprochenen Schutztitel vorbereiten. Wenn Syrien sich zu einem Land entwickle, in dem weder politische Verfolgung noch eine individuelle Gefahr drohe, müsste das Konsequenzen haben für die Anerkennungspraxis in Deutschland, sagte Frei der „Augsburger Allgemeinen“.

CSU-Chef Markus Söder rechnet mit deutlich mehr freiwilligen Rückkehren von Syrern aus Deutschland in das Heimatland. „Der Grund, Syrien zu verlassen, war vor allem Assad. Deswegen wird es viele Menschen geben, die jetzt einfach in ihre Heimat zurückwollen“, sagte der bayerische Ministerpräsident nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Söder betonte, es müsse „sogar überlegt werden, wie eine stärkere Rückführung in die syrische Heimat vieler Menschen möglich ist.“ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte, dass Deutschland die reisewilligen Syrer unterstützen solle: „Wir sollten auch überlegen, sie dabei finanziell zu unterstützen“, sagte er auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Sollte nun in Syrien tatsächlich Stabilität und Humanität einkehren, gebe es keinen Grund mehr für einen generellen Abschiebungsstopp.

Grüne und Linke kritisieren Debatte

Demgegenüber warnte der Europapolitiker der Grünen, Anton Hofreiter, davor, nach dem Sturz des Assad-Regimes syrische Flüchtlinge unter Druck zu setzen. „Überlegungen, nach dem Sturz von Assad unsere Migrationspolitik zu verändern und härter gegen syrische Geflüchtete vorzugehen, sind völlig fehl am Platz“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt hat die Diskussionen kritisiert. „Ich finde das nach anderthalb Tagen eine unangemessene innenpolitische Debatte“, sagte die Grünen-Politikerin dem rbb-Inforadio.

Deutlicher äußerte sich der Linken-Vorsitzende Jan van Aken am Montag in einer Pressekonferenz in Berlin: „Alle, die jetzt anfangen, über Abschiebungen nach Syrien zu reden, sind einfach nur, und entschuldigen Sie die Wortwahl, das sind einfach nur verkommene Drecksäcke.“ Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, bezeichnete die Forderungen als „völlig deplatziert“ Sie offenbarten „nur die wahren Interessen derer, die sie erheben: Ihnen geht es nicht um Freiheit und Gerechtigkeit für die Menschen in Syrien, sondern allein um ihren rechten Fiebertraum, Hunderttausende zu deportieren“.

EU-Kommission empfiehlt keine Rückkehr nach Syrien

Auch die EU-Kommission warnt vor allzu großen Hoffnungen auf schnelle und unproblematische Rückkehrmöglichkeiten für Flüchtlinge nach Syrien. Die Bedingungen für eine sichere und würdevolle Rückkehr seien nach derzeitiger Einschätzung momentan nicht gegeben, sagte ein Sprecher in Brüssel. Mit dieser Linie sei man sich einig mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR). Die aktuelle Lage sei von großer Hoffnung, aber auch von großer Unsicherheit geprägt. Es werde an jedem Einzelnen und an jeder Familie sein, zu entscheiden, was sie tun möchte. Der Sprecher machte damit auch deutlich, dass es aus Sicht der Kommission bis auf weiteres keine Abschiebungen geben sollte.

Ähnlich äußerte sich das Deutsche Institut für Menschenrechte. Direktorin Beate Rudolf sagte, die Debatte um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge komme zu früh. Die Situation sei viel zu unklar, um Schlussfolgerungen daraus zu ziehen für Menschen, die in Deutschland Schutz erhalten haben, sagte Rudolf. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnte ebenfalls vor „vorschnellen Aufrufen zur Rückkehr von Geflüchteten“. Zwar freuten sich viele Menschen über den Sturz Assads, doch die Lage sei von großer Unsicherheit geprägt, viele Syrer blickten weiterhin mit Sorge in die Zukunft.

Dem Migrationsforscher Gerald Knaus zufolge könnte der Sturz des Assad-Regimes einen Wendepunkt für die Flüchtlingssituation in Europa herbeiführen. Höchste Priorität müsse es haben, zusammen mit den Nachbarländern für Stabilität zu sorgen, sagte Knaus. Wer eine sofortige Massenrückkehr nach Syrien verspreche, handele populistisch.

Deutsch-Syrer zwischen Aufbruchstimmung und Vorsicht

Unter Deutsch-Syrern und Syrern in Deutschland hat der Sturz von Assad große Begeisterung ausgelöst. „Wir empfinden unbeschreibliche Freude“, sagte die Vorsitzende des Verbands Deutsch-Syrischer Hilfsvereine, die Rüsselsheimer Rechtsanwältin Nahla Osman, am Montag dem „Evangelischen Pressedienst“. „Wir glauben, wir sind in einem Traum.“ Es gebe aber auch Zweifel und Angst. Dem säkularen Verband gehören 42 Mitgliedsvereine verschiedener Ausrichtungen an.

Der Machtwechsel in Syrien sei erstaunlich friedlich verlaufen, sagte Osman. Von ihren engen Kontakten nach Aleppo wisse sie, dass dort kaum Schüsse gefallen seien. „Die Machtübergabe ging ganz schnell, plötzlich waren alle gegen Assad.“ Selbst ein Verwandter im Amt eines Ministers habe gesagt: „Endlich sind wir frei.“ Zwar gebe es auch Angst in der Umbruchsituation, aber die Minderheiten würden bisher in Frieden gelassen: „Die Christen in Aleppo konnten Weihnachtsbäume aufstellen und feiern Gottesdienste“, sagte Osman. Syrer in Deutschland schwankten derzeit zwischen Aufbruchstimmung und Vorsicht. „Die Sehnsucht nach dem Heimatland ist groß.“ Aber abgesehen von der Frage, ob die Sicherheit im Land gewährleistet ist, gebe es praktische Probleme für eine Rückkehr. Die meisten Deutsch-Syrer sagten, sie wollten nach Syrien reisen, wenn es dort sicher sei, auch wenn zunächst nur auf einen Verwandtenbesuch und um nach dem Heim zu schauen.

Experte: Arbeitsmarkt würde Heimkehr von Syrern verkraften

Eine mögliche Rückkehr von Syrern ist nach Einschätzung des Arbeitsmarktforschers Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg verkraftbar. Derzeit sind nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 222.610 Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Hinzu kommen noch einmal rund 65.000 Minijobber. Damit liege der Anteil der Syrer an den Gesamtbeschäftigten in fast allen Berufsgruppen bei unter einem Prozent, sagte Weber.

Rund 44 Prozent der syrischen Arbeitskräfte sind ungelernte oder angelernte Helfer – mehr als die Hälfte haben eine Facharbeiterqualifikation oder sogar einen höheren Ausbildungsstand. Allein rund 5.000 Mediziner aus dem Land arbeiten dem IAB zufolge in Deutschland.

Vor dem Bürgerkrieg in Syrien, der 2011 mit einem Volksaufstand gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad begonnen hatte, waren Hunderttausende Syrer nach Deutschland geflohen. Nach 13 Jahren Bürgerkrieg übernahm nun eine Rebellenkoalition unter Führung der Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus. Der entmachtete Assad flüchtete nach Moskau, wo er Medienberichten zufolge laut Kreml politisches Asyl erhalten soll. © (epd/dpa/mig)

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Familiennachzug

Hier könnte es Änderungen geben!

 

Bitte immer hier - beim BAMF- aktualisieren!

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Als anerkannter Flüchtling oder Asylberechtigter sind Sie ein Schutzberechtigter in Deutschland. Als Schutzberechtigter haben Sie das Recht, Ihre Familie (Ehegatte und minderjährige, ledige Kinder bzw. Ihre Eltern, falls Sie ledig und minderjährig sind) nach Deutschland zu bringen.

Im Folgenden erklären wir Ihnen, wie der Familiennachzug funktioniert.

1. Sie müssen innerhalb von 3 Monaten nach Ihrer Anerkennung als Flüchtling eine fristwahrende Anzeige (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz) abgeben.

2. Gehen Sie dazu auf das Webportal: www.fap.diplo.de

 

3. Klicken Sie auf „Fristwahrende Anzeige“.

4. Füllen Sie das Formular aus: Wir brauchen Ihre persönlichen Daten und die Daten Ihres Ehegatten und Ihrer minderjährigen Kinder.

5. Wenn Sie alle Angaben gemacht haben, klicken Sie auf den „Weiter“-Button am Ende des Formulars.

Drucken Sie das erstellte PDF-Dokument des ausgefüllten Formulars aus. Ihre Familienangehörigen müssen das ausgedruckte Formular bei der Visumbeantragung vorlegen.

Bitte hier weiterlesen: ... klick mich

 

 


Wichtige Erläuterungen:

Das DRK weist in einem neuen Rundschreiben darauf hin, dass eine fristwahrende Anzeige des Familiennachzugs über das Portal www.fap.diplo.defür den Nachzug zu allen anerkannten Flüchtlingen möglich ist. Das DRK schreibt:

„Das Auswärtige Amt hat gegenüber dem UNHCR und dem DRK-Suchdienst bestätigt, dass ab sofort die so genannte fristwahrende Anzeige gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG über das Webportal www.fap.diplo.de – bisher www.familyreunion-syria.diplo.de – (Punkt 2. auf der Website) nicht nur für den Nachzug zu syrischen Flüchtlingen genutzt werden kann, sondern für alle Fälle des Nachzuges von Ehepartnern und minderjährigen ledigen Kindern zu in Deutschland lebenden anerkannten Flüchtlingen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit bzw. des Herkunftslandes. 
Auch für diesen erweiterten Personenkreis werden das Auswärtige Amt bzw. die Auslandsvertretungen von der

Wahrung der 3-Monats-Frist !!!!

ausgehen, sofern das Webportal innerhalb der Frist genutzt worden ist. Am Verfahren bezüglich der fristwahrenden Anzeige hat sich im Übrigen nichts geändert. Der beschreibende Text auf der Website ist aktuell weiterhin auf den Nachzug zu syrischen Flüchtlingen zugeschnitten. Dennoch kann dieses Portal für den erweiterten Personenkreis genutzt werden. Wichtig ist dabei, dass die Fristwahrung nur dann erfolgen kann, wenn ein Ausdruck der fristwahrenden Anzeige bei der Vorsprache in den Auslandsvertretungen vorgelegt wird. 
Das Auswärtige Amt weist ausdrücklich darauf hin, dass das Webportal für den erweiterten Personenkreis allerdings nicht genutzt werden kann, um den förmlichen Visumsantrag (Punkt 3. auf der Website) vorzubereiten. Dies gilt weiterhin nur für den Nachzug zu in Deutschland lebenden syrischen Flüchtlingen. 
Das Auswärtige Amt weist darauf hin, dass die Nutzung des Webportals nur in den Fällen erforderlich ist, wenn es nicht möglich ist, innerhalb der 3-Monats-Frist einen persönlichen Termin zur Antragsstellung bei der Auslandsvertretung wahrzunehmen.
Der DRK-Suchdienst empfiehlt weiterhin neben der Nutzung des Webportals einen formlosen fristwahrenden Antrag auf Familienzusammenführung an die für den Familienangehörigen in Deutschland zuständige Ausländerbehörde zu faxen, da das Webportal weiterhin nicht vom Gesetz als Möglichkeit zur Fristwahrung anerkannt ist und eine Speicherung oder Weiterleitung der eingegebenen Daten an die Deutschen Botschaften oder das Auswärtige Amt nicht erfolgt“


 

Informationen zum Familiennachzug für Schutzberechtigte aus Syrien + anderen Ländern - wenn Familie vorhanden und nach Deutschland geholt werden möchte 

 

 

Berechtigt zum Familiennachzug sind bestimmte Familienangehörige anerkannter Flüchtlinge und Asylberechtigter. Einen Anspruch auf Familiennachzug haben Ehepartner und minderjährige, ledige Kinder des in Deutschland lebenden Schutzberechtigten, bzw. die Eltern eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings.

 

Kostenloses Angebot beim Familiennachzug nach Deutschland

Alle Antragsteller, die zu einem syrischen anerkannten Flüchtling oder Asylberechtigten in Deutschland nachziehen möchten, werden kostenlos von IOM beraten und unterstützt. Das kostenlose Angebot von IOM beinhaltet: die Überprüfung der Vollständigkeit der Visumanträge in den Servicezentren, die Versorgung mit konkreten, präzisen und hilfreichen Informationen rund um den Prozess des Familiennachzugs sowie das Anbieten von Integrationsklassen (nur in der Türkei) und das Verteilen eines Integrationshandbuchs.

Das IOM-Familienunterstützungsprogramm ist ein Kooperationsprojekt zwischen IOM und der Bundesrepublik Deutschland zur Beschleunigung des Visumverfahrens.

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Information zum Verfahren

IOM Familienunterstützungsprogramm startete im Juni 2016

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) unterstützt die Familienangehörigen von syrischen Schutz berechtigten bei der Ausreise nach Deutschland. Von Juni 2016 an wird IOM alle Antragsteller kontaktieren, die einen Termin an der Botschaft Beirut gebucht haben oder über den externen Dienstleistungserbringer „idata“ einen Termin bei den deutschen Auslandsvertretungen in der Türkei beantragt haben. Ziel des vom Auswärtigen Amt initiierten Familienunterstützungsprogramms ist es, Antragstellern bei Fragen zum Visumverfahren zu helfen und sicherzustellen, dass sämtliche notwendigen Dokumente beim Visum-Termin vorgelegt werden können.

In Kürze wird IOM zu diesem Zweck Zentren in Istanbul, Gaziantep und Beirut eröffnen. Wir bitten sämtliche Antragsteller darum, diese IOM Familienunterstützungszentren vor ihrem Termin an den deutschen Auslandsvertretungen im Libanon und in der Türkei zu besuchen. Durch den Besuch der IOM-Familienunterstützungszentren kann die Visumbearbeitung und damit die Ausreise nach Deutschland beschleunigt werden.

Bitte kontaktieren Sie IOM unter:

Antragsteller in Beirut
Kachouh Gebäude, Bikfaya Str, Beit El Kekko, Metn, Mount Lebanon
Email: info.fap.lb@iom.int

Antragsteller in der Türkei
Bestekar Şevki Bey Sk. Nr.9, Balmumcu 34349, Beşiktaş-İstanbul
Tel: +90 2124010250
Email: info.fap.tr@iom.int
Gaziantep: info.fap.tr@iom.int; Tel: +90 3422110730

 

 

 

Bitte kontaktieren Sie hierzu IOM:

Beirut: info.fap.lb@iom.int
Tel: +961 4929111
Istanbul: info.fap.tr@iom.int
Tel: +90 2124010250
Gaziantep: info.fap.tr@iom.int
Tel: +90 3422110730
Erbil: info.fap.iq@iom.int
Tel: +964 662111500
Facebook: facebook.com/IOM.Family.Assistance.Programme

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tagesschau.de

 

Syrien aktuell     ... Klick mich

 

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26.7.2024

Heutige Info durch die folgende Liste:  https://asyl.org/mailman/listinfo/flucht 

 

Das Urteil des OVG Münster zur Verweigerung eines subsidiären Schutzstatus an einen wegen "Schleusertätigkeit" verurteilten Syrer hat viel Aufsehen erregt - bis hin zum Bundeskanzler bei seiner letzten Pressekonferenz vor dem Sommer.
Manche PolitikerInnen nutzen das Urteil, um zu fordern, was sie schon immer wollten: die Beendigung von (subsidiärem) Schutz für syrische Flüchtlinge und die Ermöglichung von Abschiebungen dorthin. Das geschieht weitgehend kenntnis- und faktenfrei und jenseits rechtlicher Bewertungskriterien (von moralischen mal ganz zu schweigen), mehr so aus dem Bauch heraus, dass es jetzt auch mal gut sein müsse...
Ganz aktuell forderte z.B. der Präsident des deutschen Landkreistages Sager (CDU), die Bundesregierung solle sich auf europäischer Ebene für eine Abschaffung des subsidiären Schutzes einsetzen. So ein Unsinn. In meiner letzten Rundmail hatte ich schon dargelegt, warum das (ohne eine - unrealistische - Vertragsänderung) nicht geht und überdies kaum einen Effekt hätte (es sei denn, die Europäische Menschenrechtskonvention würde gleich mit aufgekündigt...).

Kann man Menschen jetzt wieder nach Syrien abschieben?
In einer aktuellen Information des BAMF zu Syrien (https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2024/briefingnotes-kw28-2024.pdf?__blob=publicationFile&v=3) heißt es: Einer syrischen Menschenrechtsorganisation zufolge wurde ein im April 2024 aus dem Libanon abgeschobener Syrer nach seiner Rückkehr festgenommen und dem Militärgeheimdienst übergeben. Seine Familie wurde am 25.6.2024 darüber informiert, dass der Betroffene in Haft gestorben sei. Wegen des zuvor guten gesundheitlichen Allgemeinzustands des Betroffenen geht die Menschenrechtsorganisation davon aus, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit an erlittener Folter und medizinischer Vernachlässigung gestorben sei - wie es tausenden, wenn nicht gar zehntausenden Menschen in Syrien ergangen ist (schon vergessen?). Die Menschenrechtsorganisation berichtet von der Inhaftierung von mindestens 126 syrischen Geflüchteten, die aus dem Libanon zurückkehrten oder abgeschoben wurden, allein im Jahr 2024, darunter auch vier Kinder und drei Frauen.

Das ist einer der Gründe, warum syrische Geflüchtete in Deutschland vom BAMF in aller Regel immer noch einen subsidiären Schutzstatus erteilt bekommen, und alle, die Abschiebungen nach Syrien fordern, sollten sich zuvor mit der Menschenrechtslage in diesem Land befassen, etwa anhand der UN-Menschenrechtsberichte: Wegen massiver Menschenrechtsverletzungen und extremer Unsicherheit und Willkürlichkeit in Syrien entschließt sich die große Mehrheit derjenigen Menschen, die bislang dorthin zurückgekehrt sind, erneut zu fliehen (https://www.ecoi.net/de/dokument/2104660.html)! Die Bedingungen für eine sichere Rückkehr sind auf unabsehbare Zeit in Syrien nicht gegeben, nichts ist befriedet, nichts ist gut, und im Norden Syriens kommen die völkerrechtswidrigen Bombardements und Zerstörungen auch der Infrastruktur durch den NATO-"Partner" Türkei hinzu.

Die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts in Münster, es bestehe keine allgemeine ernsthafte individuelle Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts in Syrien mehr (https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/37_240722/index.php), ist - jedenfalls in dieser Allgemeinheit - höchst umstritten! Inzwischen liegt die Urteilsbegründung des OVG Münster vor:
https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/39_240725/14-A-2847_19_A.pdf. Daraus ergibt sich, dass das OVG sich bei seiner Lage-Einschätzung unter anderem über gegenteilige Einschätzungen des Auswärtigen Amtes, von Amnesty International, Human Rights Watch und nicht zuletzt - besonders heikel - der Europäischen Asylagentur hinwegsetzt. In grausamer Zählung gelten dem OVG dabei selbst hunderte zivile Todesopfer im Jahr nichts, denn setze man diese Zahl ins Verhältnis zur Zahl der EinwohnerInnen, ergebe sich daraus keine "Gefahrendichte, bei der praktisch jede Zivilperson ernsthaft damit rechnen müsste, getötet oder verletzt zu werden".
Was ist das für ein (nahezu unerfüllbarer) Maßstab!? Hier gilt es daran zu erinnern, dass der EuGH sich schon im Jahr 2021 sehr kritisch mit der "body-count"-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auseinandergesetzt und eine ausgewogene Einzelfallbetrachtung jenseits solcher abstrakter Rechnereien zur "Gefahrendichte" eingefordert hat (https://www.asyl.net/view/eugh-mindestopferzahl-nicht-allein-ausschlaggebend-fuer-gefahrenprognose-beim-subsidiaeren-schutz)!

Auch im Übrigen handelt es sich um eine erschreckende Begründung. So verschwendet das OVG Münster nicht einen Gedanken darauf, dass es vielleicht problematisch sein könnte, wenn durch Abschiebungen Menschen dem syrischen Regime "zugeführt" werden, die dann unmittelbar (oder nach einer Haft - das ist dem OVG relativ egal) in die syrische Armee rekrutiert werden, in der sie sich womöglich an völker- und menschenrechtswidrigen Einsätzen beteiligen müssen. Das OVG unterstellt (es sei "offensichtlich" - aber einen Beleg hierfür gibt es nicht), "dass sich viele syrische Männer dem Wehr- und Reservedienst nicht deshalb entzogen haben, weil sie in Opposition zum Assad-Regime stehen, oder aus Gewissensgründen, sondern aus Furcht, in Kampfhandlungen getötet oder verwundet zu werden. Dies wird auch dem syrischen Regime, den syrischen Sicherheitskräften und der syrischen Armee nicht verborgen geblieben sein". Dem syrischen Regime wird also rationales Handeln und Milde unterstellt, den geflüchteten Syrern hingegen, aus bloßer Angst um die eigene Haut geflohen zu sein. Die Maxime des OVG scheint zu sein: Wehrdienst muss in jedem Land der Welt geleistet werden, auch wenn dort ein verbrecherisches Regime herrscht, das über Leichen geht und das Militär gegen die eigene Bevölkerung einsetzt.

Es gibt in der Urteilsbegründung unfassbar lange Ausführungen zu Strafbarkeitsnormen zu "Schleuserdelikten" in anderen EU-Ländern (S. 39 bis 60), und all das soll vermutlich indirekt zum Ausdruck bringen, wie sehr der Betroffenen eines Schutzstatus unwürdig ist, weil er wegen entsprechender Taten (die er bestritt) verurteilt worden war (das Verwaltungsgericht hatte die Straftaten noch als nicht schwerwiegend genug beurteilt, um einen Schutzstatus deshalb zu verweigern).
Das kann man auch anders sehen, z.B. Sebastian Weiermann im ND: "Dass Fluchthilfe dazu führt, dass einem Menschen kein Schutz gewährt und seine Abschiebung in einen Terrorstaat wahrscheinlicher wird, ist einfach nur verkommen" (https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183936.ovg-muenster-oberverwaltungsgericht-muenster-schutzloser-syrer.html).


Ich hatte bereits in meiner letzten Rundmail darauf hingewiesen, dass das BAMF subsidiäre Schutzstatus an syrische Geflüchtete in aller Regel gar nicht (mehr) mit der Begründung eines internen bewaffneten Konflikts erteilt! Ganz überwiegend begründet das BAMF den subsidiären Schutz bei syrischen Asylsuchenden mit der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung! Die Antwort der Bundesregierung, auf die ich hingewiesen hatte, liegt inzwischen als Bundestagsdrucksache vor und kann hier nachgelesen werden: https://dserver.bundestag.de/btd/20/122/2012228.pdf.
Es geht um die mittlere Tabelle auf Seite 13: Hier werden die erteilten subsidiären Schutzstatus nach der jeweiligen Rechtsgrundlage differenziert aufgelistet, und daraus ergibt sich, dass von Januar bis April 2024 nur 0,1% der an syrische Geflüchtete erteilten subsidiären Schutzstatus wegen Gefahren infolge eines bewaffneten Konflikts erteilt wurden (Rechtsgrundlage: § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Weit über 90 Prozent basierten auf der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Rechtsgrundlage: § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, das folgt letztlich aus Art. 3 EMRK; entsprechende Zahlen für vergangene Jahre gibt es auf BT-Drs. 20/4019 zu Frage 4).

Mit der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Falle einer Rückkehr befasst sich das OVG Münster allerdings nur auf mickrigen zwei von über 80 Seiten! Auch hier ist die Begründung dürftig und sie berücksichtigt in keiner Weise die vielfältig vorliegenden Berichte zur Menschenrechtslage in Syrien. Einzig heißt es, dass es ja sein könne, dass Rückkehrende an der Grenze festgenommen werden, um Lösegeld zu erpressen, das sei aber "nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu prognostizieren"...
... aber letztlich lässt das OVG diesen Punkt auch ein wenig offen, denn "selbst wenn" eine solche unmenschliche Behandlung drohen würde, wäre subsidiärer Schutz schon wegen der Straftaten des Betroffenen nicht geboten (siehe oben) - allerdings wäre dann zumindest Abschiebungsschutz zu erteilen, vergaß das OVG an dieser Stelle hinzuzufügen.


Aus diesen und noch viel mehr Gründen ist es meines Erachtens also absolut unzulässig, aus der Entscheidung des OVG Münster eine Änderung der Schutzpraxis des BAMF zu fordern - und es wird andere OVG-Entscheidungen geben!

Hierauf wies auch die Initiatorin der Kleinen Anfrage, Clara Bünger (LINKE) hin (siehe z.B.: https://www.welt.de/politik/deutschland/article252654044/Schlepper-vor-Gericht-Syrer-verliert-Schutzstatus-Warum-dieses-Urteil-gewichtige-Folgen-nach-sich-ziehen-kann.html).
Überdies forderte sie: "Syrische Geflüchtete brauchen weiterhin Schutz. Abschiebungen nach Syrien sind auf absehbare Zeit aus guten Gründen nicht möglich. Dann ist es doch schon aus diesem Grunde besser, die Menschen, die schon Jahre hier leben, gut zu integrieren und in den Arbeitsmarkt einzubinden, statt nur noch Duldungen zu erteilen und Arbeitsverbote auszusprechen. Da haben alles was davon, von einer erneuten Debatte um angeblich erforderliche Abschiebungen profitieren hingegen ausschließlich rechte Parteien."


Der Mediendienst Integration hat den Sachverhalt in einem Artikel gut zusammen und die Zahlen aus den Anfragen der LINKEN grafisch anschaulich aufgearbeitet - den Artikel kann ich sehr empfehlen: https://mediendienst-integration.de/artikel/kein-subsidiaerer-schutz-mehr-fuer-syrer.html

Bürgerkriegsland Syrien

2011 begann der syrische Bürgerkrieg mit der Gewalt des autoritären Regimes Baschar al-Assads gegen friedliche Demonstrierende. Seither sind Millionen Menschen geflohen. Rund eine halbe Million Syrer*innen haben in Deutschland Aufnahme und Sicherheit gefunden. Ohne wirklichen Frieden und Fortschritte in Syrien bleiben sie durch das Flüchtlingsrecht geschützt. Trotzdem reden manche Politiker*innen heute von Rückkehr oder gar Abschiebungen nach Syrien. Dabei ist die Lage im Land unter dem wiedererstarkten Regime Assads schlimmer als zuvor.

Ein Land zwischen Krieg und Wiederaufbau

 

Seit 2011 fordert die syrische Protestbewegung den Sturz der Regierung unter Präsident Baschar al-Assad. Die Sicherheitskräfte gehen mit Härte gegen die Opposition vor, viele Menschen werden verhaftet, gefoltert und getötet. Der Syrien-Krieg hat bislang fast eine halbe Million Menschenleben gefordert und 12 - 14 Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht, was ca. der Hälfte der syrischen Bevölkerung entspricht. Längst handelt es sich nicht mehr nur um einen Bürgerkrieg, sondern um einen Stellvertreterkrieg vieler Beteilgter auf dem Gebiet eines einzigen Staates. Verschiedenste Länder und Mächte nehmen Einfluß und verfolgen ihre unterschiedlichen Interessen, die Türkei, der Iran, Israel, Russland, die USA. Und eine tragfähige politische Lösung des Konflikts scheint indes immer noch weit entfernt.

© Bayerische Landeszentrale für politische Bildung

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